Johann Wolfgang von Goethe
Johann Wolfgang von Goethe war ein deutscher Dichter und Naturforscher. Er gilt als einer der bedeutendsten Schöpfer deutschsprachiger Dichtung.
Geboren am 28. August 1749 in Frankfurt am Main
Gestorben am 22. März 1832 in Weimar
Gefunden
Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Äuglein schön.
Ich wollt es brechen,
Da sagt`es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?
Ich grubs mit allen
Den Würzlein aus,
Zum Garten trug ichs
Am hübschen Haus.
Und pflanzt es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.
Das Alter
Das Alter ist ein höflich`Mann:
Einmal übers andre klopft er an;
Aber nun sagt niemand: Herein!
Und vor der Türe will er nicht sein.
Da klinkt es auf, tritt ein so schnell,
Und nun heißt`s, er sei ein grober Gesell.
Was verkürzt mir die Zeit? - Tätigkeit!
Was macht sie unerträglich lang? - Müßiggang!
Was bringt in Schulden? - Harren und Dulden!
Was macht gewinnen? - Nicht lange besinnen!
Was bringt zu Ehren? - Sich wehren!
Zum neuen Jahr
Zwischen dem Alten,
Zwischen dem Neuen
Hier uns zu freuen,
Schenkt uns das Glück,
Und das Vergangne
Heißt mit Vertrauen
Vorwärts zu schauen,
Schauen zurück.
Stunden der Plage,
Leider, sie scheiden
Treue von Leiden,
Liebe von Lust;
Bessere Tage
Sammlen uns wieder;
Heitere Lieder
Stärken die Brust.
Leiden und Freuden,
Jener verschwundnen
Sind die Verbundnen
Fröhlich gedenk.
O des Geschickes
Seltsamer Windung!
Alte Verbindung,
Neues Geschenk!
Dankt es dem regen,
Wogenden Glücke,
Dankt dem Geschicke
Männiglich Gut,
Freut euch des Wechsels
Heiterer Triebe,
Offener Liebe,
Heimlicher Glut!
Andere schauen
Deckende Falten
Über dem Alten
Traurig und scheu;
Aber uns leuchtet
Freundliche Treue;
Sehet, das Neue
Findet uns neu.
So wie im Tanze
Bald sich verschwindet,
Wieder sich findet
Liebendes Paar;
So durch des Lebens
Wirrende Beugung
Führe die Neigung
Uns in das Jahr.